1934 · Zamora

Viertelfinale: 31. Mai 1934, Florenz
Mannschaft1 Mannschaft2 Ergebnis
Flagge ItalienItalien gegen Flagge SpanienSpanien1 : 1 n.V.*
* Das Wiederholungsspiel gewann Italien mit 1:0.

Zamoras denkwürdigste Vorstellung

Dass er diese Partie nicht im Rollstuhl beendet, ist an sich schon eine Leistung. Spaniens Torwart-Legende Ricardo Zamora, als "der Göttliche" verehrt, macht im Viertelfinale gegen Italien das Spiel seines Lebens. Obwohl er von der "Squadra Azzurra" fast zum Sportinvaliden getreten wird, hält er das Remis fest. Das Wiederholungsspiel wird zu einem noch größeren Skandal.

Das südeuropäische Viertelfinale in Florenz ist auch das Duell der - neben dem Tschechen Planicka - größten Torhüter ihrer Zeit: Giampiero Combi und eben Zamora. Die spanischen Hoffnungen bringt Verteidiger Quincoces auf die Formel: "Zamora ist unschlagbar, also sind auch wir unschlagbar." Alles läuft zunächst nach Plan. Regueiro schießt die Iberer nach einer halben Stunde 1:0 in Führung. Nach einem rüden Rempler von Schiavio boxt Zamora den Ball vor die Füße Ferraris, 1:1 - ein zweifelhaftes Tor.

Fortgesetzte Körperverletzung

Überhart wird die Partie von beiden Seiten geführt. Doch wie die Italiener mit Zamora verfahren, kann man nur als fortgesetzte Körperverletzung bezeichnen. Die Serien seiner Glanzparaden kontern sie mit brutalen Fouls. Mehrmals liegt der Keeper verletzt am Boden, Betreuer und Trainer müssen ihm auf die Beine helfen. Obwohl sichtbar angeschlagen, lehnt es Zamora ab, das Spielfeld zu verlassen - schließlich hätte er seine Mannschaft dezimiert, weil damals noch nicht gewechselt werden durfte. Hinkend steht er die Partie durch - und hält das Unentschieden fest.

Ärzte erteilen Spielverbot

Beim Wiederholungsspiel nur 24 Stunden später haben sich die Reihen gelichtet. Die Italiener müssen vier verletzte Akteure, die Spanier gar sieben ersetzen, darunter Zamora, dem die Ärzte Spielverbot erteilen. Diesmal leitet nicht der Belgier Baert, sondern der Schweizer Mercet aus dem Tessin die Partie. Beim entscheidenden 1:0 behindern mehrere Italiener Spaniens Ersatzkeeper Nogues, Torschütze Meazza stützt sich sogar auf ihn.

Mussolinis langer Arm

Der "Unparteiische" erkennt den Treffer an, verweigert dafür den Spaniern zwei Elfmeter und das korrekte Ausgleichstor. Der Schweizer Verband sperrt Mercet danach auf Lebenszeit. Zu offensichtlich ist der Betrug, hinter dem man, nicht zu Unrecht, den langen Arm des faschistischen Diktators Benito Mussolini vermutet. Der Zweck heiligt auch jedes unsportliche Mittel, um die "Squadra Azurra" vor heimischem Publikum zum Weltmeister zu küren.

Pilgerströme hinters Tor

Den Ruhm Zamoras vermag das unglückliche Ausscheiden nicht zu schmälern. Bis 1936 begeistert er die Fußballwelt. Eine Show für sich sind Elfmeter gegen den "Göttlichen", bei denen die Fans in Strömen hinter sein Tor pilgern. Seine einzigartige Körperbeherrschung, seine irren Reflexe verdankt er dem baskischen Pelota, dem Schlagballspiel, bei dem die kleine Hartgummikugel bis zu 250 km/h errreicht. So gesehen muss es für ihn ein Leichtes sein, den viel größeren Lederball unter Kontrolle zu bringen. Da stören auch die 60 Zigaretten nicht, die er täglich raucht.

Frank Menke

Die spanische Torwartlegende Ricardo Zamora fängt springend einen Ball. Foto: dpa

Die spanische Torwartlegende Ricardo Zamora in Aktion (undatierte Aufnahme).