1982 · Platini

Halbfinale: 8. Juli 1982, Sevilla
Mannschaft1 Mannschaft2 Ergebnis
Flagge deutschlandDeutschland gegen Flagge FrankreichFrankreich8 : 7 n.E.
 

Franzosen sterben in Schönheit

Dem Paradies so nah, und dann das: 3:1 führt die Equipe Tricolore gegen Deutschland im WM-Halbfinale 1982 - und verliert die Partie noch im Elfmeterschießen. Ganz Frankreich trauert. Ein Ruhmesblatt ist der Sieg nicht für die DFB-Elf. Auch deshalb nicht, weil Toni Schumacher mit einem brutalen Foul gegen Battiston den "hässlichen Deutschen" wieder auferstehen lässt.

"An diesem Abend habe ich die Bandbreite der Emotionen eines ganzen Lebens durchlebt", kommentiert Frankreichs Superstar Michel Platini das bittere Aus. Millionen Fußballfans an den Bildschirmen ergeht es nicht anders. Toni Schumachers Vater greift gar zu seinen Herzpillen, um den Elfmeterkrimi durchzustehen. Das WM-Halbfinale 1982 geht in die Geschichte ein: als eines der schönsten, weil Frankreich elegantesten Fußball zelebriert; als eines der dramatischsten, weil Deutschland niemals aufgibt.

Bessere Mannschaft ausgeschieden

1:1 steht es nach 90 Minuten durch den Treffer von Littbarski (17.) und Platinis Elfmeter (26.). Verlängerung. Tresor (92.) und Giresse (98.) bringen die Blauen scheinbar auf die Siegerstraße. Doch Rummenigge (102.) und Fischer (108.) schlagen zurück. Elfmeterschießen! Die ersten drei sitzen auf beiden Seiten. Dann die Schrecksekunde: Stielike patzt. Aber auch Six und Bossis vergeben. Den entscheidenden Elfer versenkt "Kopfball-Ungeheuer" Horst Hrubesch zum 8:7. Die Welt ist sich einig: Die bessere Mannschaft ist ausgeschieden.

Ohne Rücksicht auf Verluste

Und die sympathischere wohl auch. Denn in der 59. Minute gibt Toni Schumacher den hässlichen Deutschen. Ohne Rücksicht auf Verluste wirft sich der Torhüter dem Stürmer Battiston entgegen. Der bricht sich dabei einen Wirbel, verliert zwei Zähne und das Bewusstsein. Während sich Helfer um den Schwerverletzten kümmern, provoziert Schumacher die französischen Fans mit Lockerungsübungen. Später heizt der Torhüter die Stimmung mit flapsigen Sprüchen weiter an - was zeitweilig sogar die deutsch-französischen Beziehungen belastet.

"Barbarische Ungerechtigkeit"

Die internationalen Reaktionen sind entsprechend. "Das Ergebnis war eine barbarische Ungerechtigkeit", schäumt der englische "Daily Telegraph". "El Correro Catalan" ätzt in Anspielung auf den "Nichtangriffspakt" vom Österreich-Spiel: "Die Deutschen sind Könige des Betrugs. Sie verdienen nicht mehr als einen verregneten Urlaub in Oberbayern." Die Welt hat Mitleid mit den Franzosen. Angeführt von Platini zeigen sie Fußball wie von einem anderen Stern - und stehen am Ende mit leeren Händen da.

Platini niemals Weltmeister

Die persönliche Tragik von Platini, der 2007 zum Präsidenten der UEFA gewählt wurde, liegt darin, dass er wohl der weltbeste Spieler seiner Zeit ist, jedoch niemals den WM-Titel gewinnt. Er tröstet sich 1984 mit der Europameisterschaft und der Feststellung: "Hätte es zwischen 1982 und 1986 jedes Jahr eine Weltmeisterschaft gegeben, Frankreich hätte zwei oder drei Mal gewonnen."

Frank Menke

Bildkombo. Oben: Platini kümmert sich um den verletzt am Boden liegenden Battiston. Unten: Deutsche Spiele warten auf das Elfmeterschießen. Fotos: dpa

Oben: Platini kümmert sich um seinen Mannschaftskameraden Battiston, der nach einem rüden Foul des deutschen Torwarts Schumacher verletzt am Boden liegt. Unten: Deutsche Spieler warten auf das Elfmeterschießen. (V.l.n.r: Bernd Förster, Wolfgang Dremmler, Paul Breitner, Klaus Fischer, Pierre Littbarski, Karlheinz Förster und Uli Stielike)